Braukunst Live! 2016 – Wir waren da!

Bericht: Matze - Fotos by Olli und Alex

So wie die Motte magisch vom Licht angezogen wird, so zieht es uns schon regelmäßig zur Braukunst Live!, DER Biermesse im Münchner MVG-Museum. Vom 26. bis 28. Februar 2016 lud diese informative, kulinarische und selbstredend süffige Veranstaltung zu ausschweifenden Fachsimpeleien und mannigfaltigen Probierereien bei rund 90 Ausstellern ein. Während die Braukunst Live! in diesem Jahr bereits ihr fünfjähriges Jubiläum feierte, konnten wir ihr erst zum dritten Mal unsere Aufwartung machen…aber diesmal mit dem gewissen Etwas, denn Alex, Olli und Matze hatten Presseausweise!

 

 

 

Der Veranstalter setzte wie in den vergangen Jahren auf Bewährtes, scheute sich aber auch nicht vor Neuerungen. So blieb z.B. der Eintrittspreis auf dem Niveau des letzten Jahres (das Tagesticket kostete an der Kasse 20 €) und erneut gab es Gutscheine der Premiumpartner für Gratisproben. Neu war, dass weitere Proben nun direkt am jeweiligen Stand käuflich erworben werden mussten (Rückblick: In den vergangenen Jahren wurde mit "Bierchips" bezahlt, welche am Eingang gegen Bares eingetauscht werden konnten (1 Chip = 50 Cent)). Diese Neuerung führte leider des Öfteren dazu, dass mancher Stand in Wechselschwierigkeiten geriet, sobald man mit "großen" Scheinen daherkam. Alles hat eben seine Vor- und Nachteile.

 

Freitag, 26.2.2016

Ein Presseausweis bietet nun einmal den erheblichen Vorteil, dass man zwei Stunden vor Messebeginn am Presserundgang teilnehmen und die Überraschungen der Premiumpartner vor allen anderen Besuchern probieren darf.

 


Frank Böer, Veranstalter der Braukunst Live!, hielt vor dem eigentlichen Rundgang seine Begrüßungsrede. Im Jahr des 500. Geburtstages des Reinheitsgebots werde in der Brauer- und Bierszene das Thema, ob das Reinheitsgebot noch zeitgemäß sei, kontrovers diskutiert. Diese Diskussion gehe aus Sicht Frank Böers an der Sache vorbei. Es gebe viele fantastische Biere innerhalb des Reinheitsgebots, aber auch viele unnötige außerhalb. Er selbst hatte früher die Meinung, das Gebot sei ein Hemmschuh für die Biervielfalt, heute habe er aber das Gefühl, dass sich einige Brauer oftmals bloß hinter den vermeintlichen Beschränkungen des Reinheitsgebots verstecken. Folge dieser teils selbstauferlegten Beschränkung am deutschen Markt war, dass z.B. die Schneider Weisse Brauerei viele ihrer Bierkreationen gar nicht am hierzulande anboten, sondern lieber gleich auf dem international vertrieben. Auf der Messe seien Vertreter aller Meinungen zugegen, vom glühenden Anhänger des Reinheitsgebots bis hin zum rigorosen Ablehner. Ziel der Braukunst Live! sei aber nicht die Politik, sondern vielmehr das Anliegen für eine "geile" Veranstaltung zu sorgen und den offenen Dialog zu fördern. Im Vorfeld der Messe sei in den sozialen Medien auch darüber diskutiert worden, ob sich die Braukunst Live! durch die Aufnahme von Großbrauereien "verkaufe". Ein offener Dialog mit allen Beteiligten komme aber nur zustande, wenn sich Brauereien ohne Einschränkung präsentieren können, egal ob es sich dabei um Klein-, Mittel- oder Großbrauereien handele, so der Veranstalter.

 

 

Anschließend wurde der eigentliche Presserundgang durchgeführt. Während einige Stände ihren Aufbauten noch den letzten Schliff verpassten, mussten die Premiumpartner schon uns Pressevertreter bespaßen.

Erste Station war der Stand vom Staatlichen Hofbräuhaus in München. Hier wurde der "Kaltgehopfte Weissbier Hallodri" serviert, einem stark gehopften (u.a. mit Mandarina Bavaria) Bier mit 5,5% Alkohol. Geschmacklich dominieren hier Grapefruit- und Zitrusnoten und eine starke Bittere, insgesamt lässt das Bier aber jede Vollmundigkeit vermissen. Ein "Weißbiergefühl" kam bei uns jedenfalls nicht auf.

Nächste Anlaufstelle war der Stand von Pilsner Urquell. Die Brauerei legt sehr viel Wert darauf, die erste Pilsmarke der Welt kreiert zu haben, weil man bereits seit 1842 eben solches braue (damals Mithilfe eines bayerischen Braumeisters…). Deswegen blieb man an diesem Stand auch Traditionellem treu: dem Pils (mit typischem Saazer Hopfen), diesmal aber in unpasteurisierter und unfiltrierter Form, welches der Braumeister Vaclav Berka mit den Worten "o'zapft is" einem Holzfass entlockte. Das Ergebnis war ein recht vollmundiges und sehr solides Bier, das sich durchaus sehen lassen konnte.

Weiter ging‘s zu Schneider Weisse. Georg Schneider setze hier auf reichlich Varieté. Zur Präsentation ihres neuen TAP X "Marie‘s Rendezvous", einem schweren, zähflüssig-öligen, sehr fruchtigen und dezent pfeffrigen Weizendoppelbock mit 10 % Alkohol, wurde dem Publikum von drei Damen ein Cancan Tanz vorgeführt. Die Vorstellung war zwar nett, aber das Bier hatte dies gar nicht nötig, da es absolut für sich sprechen kann (was uns auch am Sonntag dazu verführte, uns noch ein Glas zu gönnen). Wiederum sehr gelungen waren die dazu servierten bayerischen Sushi (Ente und Perlgraupen, ummantelt von Blaukraut). 

Nächster Premiumpartner, nächstes Bier. Bei Braufactum schenkte das Team um Dr. Marc Rauschmann das "Soleya" aus, ein 6,5%iges Saisonbier mit belgischer Hefe und australischem Enigmahopfen. Grasig-hopfige Noten treffen hier auf Grapefruit und Zitrus. Sehr erstaunt waren wir allerdings von der Aussage, das "Soleya" habe nur 27 IBU, da es doch eine deutliche Bitternote mit sich bringt.

Anschließend war der Stand der Joh. Barth & Sohn GmbH an der Reihe, einem Unternehmen der Barth-Haas Group, die zur Braukunst Live! 30 Hopfensorten zum Kennenlernen und "Spontan-Hopfenstopfen" im Gepäck hatte. Dr. Akis Trouboukis stellte auch kurz ihren neuesten Hopfen vor, den "Yellow Sub". Leider kamen wir nicht in den Genuss, den neuen Hopfen zu "beschnuppern", da man die komplette Pressemeute wohl nicht auf einen Schlag versorgen konnte.

Den Abschluss des Presserundgangs bildete Craftwerk Brewing. Positiv überraschte uns zunächst die Redefreude des Chef-Braumeisters Dr. Stefan Hanke (Anmerkung: das war vor 2 Jahren, als wir den Stand erstmals besuchten noch GANZ anders). Zwei Biere gab es hier zu verkosten, einmal das "TGIF" (ThankGodItsFriday), einem India Pale Lager mit 5,5 % Alkohol, das stark von Mandarinen- und Zitrusnoten geprägt ist, und dem "Delight" (3,9%), das mit einer relativ neuen Hüller-Hopfensorte gebraut wurde, die noch den etwas schwerfälligen Namen "2010/72/20" trägt und fruchtige, zitrusartige Aromen beinhaltet. Beide Biere wurden – gefühlt – nahe des Gefrierpunktes serviert, was dem jeweiligen Aroma der doch schlanken Vertreter ihrer Art nicht unbedingt zuträglich war. Naja, warm wird es von allein, da muss man eben mal warten.

 

 

Doch nun waren wir von der Leine gelassen und biergierig darauf zu erfahren, was es denn heuer wieder für Leckereien auf der Braukunst Live! gibt. Und da waren schöne Dinge dabei:

Mikes Wanderlust aus Landau/Isar bzw. Michael Sturm hatte u.a. mehrere im Fass gereifte Biere aus seiner "World Barrel Tour" dabei. Wir hatten uns für den "Doppelbock aus dem Tequilafass" (7,5%) entschieden, denn diese Kombination war uns neu. Wir waren schlichtweg begeistert von dieser runden und aromatischen Vielfalt aus Malz, Vanille, Karamell, Holz, Apfel und Tequila! Nur eines fanden wir schade: am Sonntag gab's davon nix mehr...

3Brew aus München (dahinter: Christian Rogner, Tilman Ludwig und David Blake Walker) konnte mit ihrem "SODABIER" beweisen, dass auch ein "schwach" alkoholisiertes Ale (3%) einen vollen, würzigen Geschmack besitzen darf. Aus unserer Sicht eine tolle Ergänzung und Alternative zu leichten Weißbieren oder Radlern

Christipa McFly und Andreas Håkansson, die Homebrewer von Pirate Brew Berlin, brannten sich förmlich in unser Gedächtnis ein. Ihr "Go wild hot unicorn #1" (4,7 %) ist ein Chili Black Ale mit 3.500 Scorville (Ha-Ha-Habanero). Das Zusammenspiel aus Schokoladen- und Kaffeearomen und moderater, aber nicht aufdringlicher Schärfe war herrlich stimmig und rund. Es war sogar schon am Samstag aus… warum müssen die guten Sachen immer so schnell weg sein?

 

 

 

Bei Lammsbräu aus Neumarkt i.d.Opf. schenkte uns Johannes Ehrnsperger, der Spross des Inhabers, ein. Besonders angetan waren wir von einem Bier der Gourmet-Reihe von Lammsbräu, dem "1628 Dinkelbock" (6,6 %). Dieses weiche und cremige Bier überzeugte uns mit seinen fruchtigen, bananigen (vollreif) und brotig/getreidigen Noten.

 

Ulrich Sander aus Worms/Rhh. kredenzte uns eine neue Kreation aus seiner Privatbrauerei, den "Himbierbock" (6,6 %). Hallertauer Blanc Hopfen (eine Züchtung aus Cascade und männl. Hüller Zuchtstamm) gibt dem Bier ein schönes Weißweinbouquet mit Himbeer-/Brombeer- und Stachelbeeraromen. Das muss man erst mal aus einem Hopfen herauskitzeln

Zu vorgerückter Stunde und nach dieser insgesamt berauschenden Geschmacksorgie (zu den obigen Bieren gesellten sich noch weitere Vertreter der Braukunst: Lammsbräu "1628 OakAged", Gzub "Black Yeti" und Nøgne Ø "Kriek of Telemark") stellte sich uns so langsam die Frage, wie wir diesen gelungenen Abend am besten ausklingen lassen? Na mit einem Bier, das man kennt und für gut befunden hat! Unsere Wahl fiel auf das "7:45 Escalation" von Crew Republic und es zeigte sich erneut: eine gute Wahl!

 

Samstag, 27.2.2016:

Heute Ruhetag – nicht für die Braukunst Live!, denn hier herrscht samstags Hochkonjunktur, aber für uns und unsere Lebern.

 

 

 

Sonntag, 28.2.2016:

Runde zwei und wir dabei! Verstärkung erhielten wir am Sonntag von einigen Mitgliedern des Bierprobe-online-Stammtisches (Die Erlebnisse unserer "Vorhut" Markus auf der Braukunst Live! 2016: www.birdflymedia.de/2016/02/braukunst-live-2016/).

 

 

Unseren Rundgang begannen wir bei Hofbräu. Aber nicht, um dem "Hallodri" zu frönen, sondern dem "Winterzwickel" (5,5 %), einem cremigen, malzig-karamelligen Dunklen. Dieser erfreute sich offenkundig großer Beliebtheit, denn uns wurde, nach Aussage von Hofbräu, aus dem letzten Fass ausgeschenkt.

 

Bei Bevog (Bad Radkersburg, AUT) gönnten wir uns dann den "Smoked Porter OND" (6,3 %). Bamberger Rauchmalz und Whiskymalz sorgen hier für eine kräftige und röstige Mischung aus Schinken und Schornstein.

Da wir schon einmal in der Nähe waren, machten wir auch nochmals Halt bei den Braupiraten aus Berlin. Haben wir eigentlich schon erwähnt, dass sie aus Spanien stammt, er aus Schweden und beide in Berlin ein Bier mit dem Namen Schwarzwald brauen? 

Genau dieses "Schwarzwald" (6,7 %), eine Kombination aus Fruchtaromen (Hüll Melon und Mandarina Bavaria) und starker Röstung wollten wir dann auch probieren. Hier gingen die Geschmäcker aber doch etwas auseinander. An dieser Stelle bietet es sich an, zu erwähnen, dass Hopfen der Familie der Hanfgewächse entspringt (Cannabaceae). Sehr interessant. Sehr aufschlussreich hingegen war, dass manch Messebesucher – ohne vom Familienverhältnis des Hopfens zu wissen – dem Bier dieses "spezielle" Aroma sogar entnehmen konnte. Soso.

Nun war es an der Zeit für einen Kontrast. Was würde da besser passen als ein geschmeidiges fruchtiges Bier à la Pale Ale. Beim Stand von Brewers Association ließen wir uns auf eine Empfehlung ein, einer „Smoked Peach Short Weisse“ (6,9 %) aus dem Hause Smuttlabs. Zu spät erkannten wir, dass es sich um eine Art Berliner Weisse handelte, es also weniger geschmeidig fruchtig, sondern eher quietschig sauer und (leider) ohne Frucht war. Der Pfirsichgeruch war ganz gut, den Geschmack muss man aber mögen.

Einige Biere standen noch auf unserer Liste. Fündig wurden wir am Stand des Importeurs AMKA/Beer Enthusiast. Harald Günther und später auch Lars Hauke Girard präsentierten uns einige tolle Importe. 

Ein satter Volltreffer war das „Hitachino Nest Real Ginger Ale“ (8,0 %) der Kiuchi Brauerei aus Japan. Diesem Ale wurde beim Brauen (wohl kandierter) Ingwer zugegeben. Das Ergebnis ist ein malziges und süßes Bier mit kräftigem Ingweraroma, aber ohne die zugehörige Schärfe. Auch das spanische "Er Boqueron" (4,8 %), ein Bier, dass auch mit Meerwasser gebraut wurde, konnte überzeugen. Interessant war hier die extreme Schaumbildung im Mund, die mit dem sehr leichten Salzgehalt an Gischt und Meeresbrise erinnert. Nach zwei weiteren Bieren der isländischen Einstök Brauerei, dem "Doppelbock" (6,7 %) und dem "Toasted Porter" (6,0 %) und einem weiteren Kiuchi, dem "Hitachino Ancient Nipponia" (8,0 %) war es auch wieder Zeit weiter zu ziehen.

Unser dann anvisiertes Ziel war der Stand von Nøgne Ø. Hier hatte es uns das "Imperial Aquavit Rye Porter" (11,0 %) angetan. Ein Roggenporter und Kümmelschnaps, kann das gutgehen? Unsere einhellige Meinung: ja, sehr sogar! Die Lagerung im Kümmelfass gibt dem Bier eine herrliche Frische im Abgang, ohne dass sich ein Kümmelgeschmack aufdrängt. Ob die Aquavitfässer ursprünglich durch die Kieler Förder und zurück gefahren sind? (Naja, wohl eher durch norwegische Gewässer.)

Eines unserer letzten Biere auf der diesjährigen Braukunst Live! war das Braufactum "Double Jack" (9,5 %), ein American Imperial IPA. Dank der Hopfensorten Cascade, Warrior, Columbus, Centennial, Amarillo und Simcoe entsteht hier eine wahre Fruchtbombe, bei der nicht einmal die kräftige Bitternote die Oberhand gewinnen kann.

 

 

Die vertretenen Brauereien haben auch in diesem Jahr wieder bewiesen, dass sie ihr Handwerk verstehen. Sei es im Rahmen des Reinheitsgebotes oder ganz gewaltig außerhalb von diesem. Die Braukunst Live! bietet sowohl für die Aussteller als auch für die Besucher eine geeignete Plattform zum gegenseitigen Kennenlernen und Austauschen, aber vor allem: zum Genießen!

 

 

Wir freuen uns auf die Braukunst Live! 2017.

 

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